Geistliches Wort

Ein Freund erzählt: „Neulich haben wir in der Familie nach vielen Jahren wieder einmal das Spiel des Lebens gespielt. Im Spieleregal war es ganz hinten – und ziemlich staubig. Aber mit den inzwischen erwachsenen Kindern hat es richtig Spaß gemacht.“

Sofort erinnere ich mich: Auch ich habe dieses Brettspiel als Jugendlicher gemocht: In dem Spiel ließ sich das Leben planen, und man konnte sich am messbaren Erfolg freuen: Karriere, Kinder, Reichtum, immer weiter und weiter, mit dem Auto über den Spielplan, das ganze Leben buchstäblich ein Kinderspiel. Alle Irritationen und Zweifel, alle Hindernisse und Abbrüche, alle Krankheiten und Misserfolge blieben ausgeblendet.

Schnell waren der Freund und ich uns einig: Mit dem echten Leben hat das Gesellschaftsspiel nichts zu tun, es bildet vielleicht den schönen Schein ab, aber es versagt, wenn es um die Gefühle geht und um die Höhen und Tiefen, die unser Leben ausmachen. Zwar sind Ordnung und Planung, ja, auch Zufall und Glück wichtige Faktoren in unserem alltäglichen Leben. Aber ohne Liebe und ohne Suche und Sehnsucht, ohne Verlust und Trauer und Abschied können wir dieses Leben nicht angemessen beschreiben, die alle dürfen wir nicht ausklammern.

An der Geschichte Jesu wird erst recht deutlich: Dieses eine Leben, das ich „habe“, ist kein Spiel, und Gott ist kein Spieler. Die Evangelisten führen uns vor Augen, wie Jesus mit dem Teufel ringt und kämpft, wie er leidet an der Gottvergessenheit der Mächtigen und an der Enttäuschung, die ihm die Freunde bereiten. Am Ende kommt Jesus zu Tode in den Intrigen seiner Gegner.

Von Aschermittwoch bis Karfreitag gehen wir in der Kirche diese Geschichte mit. – Und dann geschieht das Wunder. Gott spielt seinerseits das gottlose Spiel der Sünder nicht mit. Er bindet das Leben nicht an das offenkundige Glück und den sichtbaren Erfolg. Gott weckt den Hingerichteten auf. Der Verlierer, der unter die Räder gekommen ist, wird zum Gewinner des Lebens: des Lebens der Auferstehung.

Die Ostergeschichten der Bibel laden dich und mich ein, schon jetzt einen Vorgeschmack zu bekommen von dem neuen, anderen Leben, das Gott schenkt. In unseren Gottesdiensten singen wir dann fröhliche Lieder und lachen das Osterlachen. Überall, wo Menschen die Gemeinschaft im Glauben finden und zu schätzen lernen, da fängt das neue Leben an. Überall, wo Gott das Leben in Bewegung bringt, überall da wird es Ostern. Im Gespräch sind der Freund und ich uns schnell einig geworden: Gott feiert mit uns ein ganz anderes Spiel des Lebens.

Freundlich grüßt Sie und Euch